Heidnische Spiele

Josch, Mirko, Marko, Bernd, Dada 1984
Josch, Mirko, Marko, Bernd, Dada 1984

„Heidnische Spiele“ waren eine Voodoband rund um den Sänger und Nekromanten Claudius „Dada Imperator Rex“ Kielholz. Mit ihren ausgefallenen Texten („Große Gemälde von Kant“) und einer exzentrischen Bühnenshow avancierten sie bald zur Kultband der Künstler-, Gruftie- und Hausbesetzer- szene. Ihre Musik war eine Mischung aus harten Gitarren- und wabernden Farfisa-Orgelklängen, die an die „Doors“ und „Stranglers“ erinnerten. Die Texte waren mal deutsch („Adrenalin“, das live manchmal mehr als 10 Minuten dauerte), mal englisch wie im „Heidnische Spiele“-Hit „(I wanna get your) Inside Out“.

„Inside Out/Adrenalin (Medley)“ Bootleg-Track live 1984 (3:40)

Josch, Dada, Bernd, Fürst Ziegler 1985
Josch, Dada, Bernd, Fürst Ziegler 1985

Die 1983 gegründete Gruppe bestand ab Frühjahr 1984 neben Sänger und Gitarrist Claudius aus Jürgen „Josch“ Wöllenstein (Gitarre), Bernd Klepin (Bass, Keyboards) und dem 15-jährigen Mirko Wenzel (Drums), vorher bei der Kinder-Punk-Band „Alpenlandtrio“. Dazu kam der ebenfalls minderjährige Messinghofler Marko Bröcker (Bass, Keyboards) und ab Sommer 1984 „Fürst Ziegler“ (Gesang, Gitarre). Auf der Bühne wurde mal eine Totenerweckung vollzogen, mal das Publikum mit der Peitsche bestraft. Es gibt ein Live-Video, in dem „Heidnische Spiele“ in Mönchskostümen und mit Gesichtsmasken auf einer mit Fackeln und Kerzen erleuchteten Bühne auftreten, während gleichzeitig die Filme „Das Monster der schwarzen Lagune“ und „Rommel in Afrika“ auf die Band projiziert werden. Dazu wurde eine pralle Blondine entkleidet und mit Milch, Jogurt und anderen Lebensmittel übergossen, schließlich warf Sänger Dada echte Kuhaugen ins Publikum, was nach kurzem Erschrecken zu militanten Reaktionen führte, gegen die sich Dada mit einer Peitsche wehren musste.

„Hills of Merxhausen (Psycho Hall)“ 1986 (1:55) in Low Fidelity

„Inside Out“ 1986 (2:49) in Low Fidelity

Dada, Josch, Bernd, Fürst Ziegler 1986
Dada, Josch, Bernd, Fürst Ziegler 1986

„Heidnische Spiele“ haben nie eine Platte veröffentlicht. Jahrelang kursierten 2 Live-Bootlegs von ihnen, eine eigene Live-MC wurde deshalb nur halbherzig vertrieben. Kurz vor Auflösung wurden noch drei Titel eingespielt (darunter „Inside Out“ und „Hills of Merxhausen“), die später als MC die Runde machten. Das Ende kam schleichend: Sänger Dada wurde im Laufe der Jahre zunehmend exzentrischer und unzuverlässiger. Außerdem hatten die „Heidnischen Spiele“ in ihrem letzten Jahr immer mehr Garagepunk-Material in ihr Repertoire aufgenommen. Damit war

das Ende und der Weg zur Nachfolgegruppe, der 60th-Garagepunk-Band „The Echolettes“, abzusehen.

 

Fürst Ziegler ist heute unter dem Namen „Brezel Göring“ zusammen mit Françoise Cactus als Band „Stereo total“ aktiv. Claudius spielte später noch kurz bei den „Haunted Henschel“. Mirko spielt als  „John Boy Adonis“ bis heute in verschiedenen Bands, zuletzt bei der Berliner Psychoband King Khan and the Shrines.  Josch war 1984 Darsteller in der Horrorklamotte "Der Terror der widerlichen Würmer aus dem All", danach Gitarrist bei den „Echolettes“, den  „Haunted Henschel“, den Dog Food Five und der noch heute existierenden 60th-Band „Die Toten Augen von London“.
Im
Nebenberuf ist Josch Professor für Gassensorik an der Universität Freiburg.

 

Heidnische Spiele live im 1A Kasseler 1984